Éva Kálló Györgyi Balog

Von den Anfängen des freien Spiels mit Fotografien von Marian Reismann

s&c by AnyBody Die kindliche Lust zu spielen entspringt einem elementaren Bedürfnis; und auf den verschiedenen Entwicklungsstufen ist das Spiel Hauptinhalt im Leben der Kinder. Naheliegend, daß es in der pädagogischen Literatur von jeher breiten Raum einnimmt. Doch genauere Beobachtungen, speziell aus dem Säuglings- und Kleinkindalter, sind uns kaum bekannt. Herausgegeben von Ute Strub und Anke Zinser © der Zusammenstellung: 1996 by Pikler Gesellschaft Herstellung und Gestaltung: Eberhard Delius, Berlin Satz: Theuberger, Berlin Lithographie, Druck und Bindung: Steidl, Göttingen

Bild 1: János, 61/2 Monate

»Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.« Schiller

Allen, die uns bei der Herausgabe dieser Schrift geholfen haben, danken wir herzlich; ganz besonders Anna Tardos, Dr. Judit Falk, Birgit Krohmer Helmut Broker, Ildikó Lakner und Peter Ludwig.

Inhalt Inhalt.........................................................................................5 Vorwort .....................................................................................7 Einleitung................................................................................13 Typische Formen des Hantierens und geeignete Spielmaterialien im ersten Lebensjahr des Kindes ...............15 Das Sammeln.........................................................................38 Beobachtung einer Spielsituation..........................................46 Die Anfänge des Bauens und das dafür geeignete Spielmaterial ..........................................................................48 Anmerkungen der Herausgeberinnen ...................................60 Literaturhinweise....................................................................65

»Wesentlich ist, daß das Kind möglichst viele Dinge selbst entdeckt. Wenn wir ihm bei der Lösung aller Aufgaben behilflich sind, berauben wir es gerade dessen, was für seine geistige Entwicklung das wichtigste ist. Ein Kind, das durch selbständige Experimente etwas erreicht, erwirbt ein ganz andersartiges Wissen als eines, dem die Lösung fertig geboten wird.«

Emmi Pikler Aus: Friedliche Babys - zufriedene Mütter

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Vorwort Als ich Emmi Pikler 1983 bei ihrem Aufenthalt in Berlin kennenlernte, war das für mich ein Erlebnis, das meine Einstellung zu Kindern nachhaltig veränderte. Sie besuchte damals die Krippe in der Kindertagesstätte, die ich leitete. Und wir erwarteten voller Spannung, wie sie die Arbeit unserer Erzieherinnen - und damit indirekt auch meine - beurteilen würde. Ihr Besuch fiel in eine Zeit, wo man sich mit den überkommenen Formen der Pädagogik auf allen Ebenen kritisch auseinandersetzte. Und unsere Erzieherinnen fühlten sich gedrängt, nun endlich auch für Säuglinge und Kleinkinder Förderprogramme und didaktische Einheiten zu entwickeln. Beschäftigungen, die sich Erwachsene ausgedacht hatten, sollten die Kinder zum Spielen und Lernen anregen: Körperpflege und Mahlzeiten so schnell wie möglich »erledigt« werden, um Zeit für das vermeintlich Wesentliche zu gewinnen, das Spiel zwischen Erziehern und Kindern. Wir sahen also unsere Aufgabe darin, Kindern vorzumachen, wie sie zu spielen hätten, sie zu »animieren« und im einzelnen anzuleiten. Durch unsere Ideen und Aktivitäten sollten sie die Dinge begreifen und sich in der Welt orientieren lernen. In dieser Situation mußte uns die Begegnung mit Emmi Pikler gründlich verwirren, und alles, was wir bis dahin für richtig gehalten und praktiziert hatten, wurde uns fragwürdig. Die kindliche Lust zu spielen entspringt einem elementaren Bedürfnis; und auf den verschiedenen Entwicklungsstufen ist das Spiel Hauptinhalt im Leben der Kinder. Naheliegend, daß es in der pädagogischen Literatur von jeher breiten Raum einnimmt. Doch genauere Beobachtungen, speziell aus dem Säuglings- und Kleinkindalter, sind uns kaum bekannt. Darum begrüßen wir die vorliegende Arbeit aus dem Emmi-Pikler-Institut in Budapest (bekannt als Lóczy). Éva Kálló und Györgyi Balog, die dort seit vielen Jahren als Pädagoginnen tätig sind, beschreiben hier sehr einfache, aber für die Entwicklung des Kindes grundlegende Erscheinungsformen des freien Spiels: vom ersten Entdecken der Hände, über das Hantieren und Experimentieren mit Gegenständen bis hin zu den Anfängen des Bauens. Die Fotografin Marian Reismann hat vier Jahrzehnte lang die Arbeit Emmi Piklers begleitet und ihre Botschaft anschaulich dokumentiert. -7 -

An ihren Bildern - nicht weniger als in den detaillierten Berichten - wird deutlich, wie erst durch Zurücknahme der eigenen Impulse unser Blick für das Kind frei wird und allein aufmerksame Beobachtung uns empfindlich macht für das, was sich alles in seinem kleinen Leben ereignet, lange bevor es dazu kommt, einen Baustein auf den anderen zu setzen. So lernen wir das Spiel des Kindes besser verstehen und werden uns künftig anders darauf einstellen können. - Wann genau beginnt ein Kind überhaupt zu spielen? Wie sehen seine ersten Versuche aus? Und was kann es lernen bei der selbständigen Auseinandersetzung mit den Dingen - solange der Erwachsene es nicht mit seinen Vorschlägen durcheinanderbringt, sondern es in seinem Tun wirklich respektiert? Die hier dokumentierten Beobachtungen sind, wie gesagt, in einem Heim gemacht worden; aber die pädagogischen Prinzipien Emmi Piklers gelten natürlich ebenso für den Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern in der Familie. Worin also bestünde unsere Rolle als Eltern und Erzieher? Und wie könnten wir Einfluß nehmen auf eine glückliche Entwicklung des kindlichen Spiels, wenn unsere Aufgabe nicht darin besteht, selber mit den Kindern zu spielen? Nun, diese Schrift macht deutlich, wo unsere Verantwortung Hegt und wie wir, ohne uns aufzudrängen, still und umsichtig den Rahmen schaffen können für eine ungestörte, freiheitliche Entwicklung - einen Rahmen, in dem das Kind gefahrlos die Welt erkunden und eigenständig handeln lernt. Nur zu vertraut sind uns die Klagen von Eltern und Erziehern, daß Kinder oft gänzlich unfähig sind, allein zu spielen. Selten jedoch kommen wir auf den Gedanken, der Grund für ivität und mangelnde Initiative könnte gerade im Verhalten der Erwachsenen hegen. Wieviel mehr hat doch ein Kind davon, wenn es selbst entdeckt, daß ein kleiner Becher in einen großen hineingeht, statt von oben herab belehrt zu werden: »Ein großer Becher paßt aber nicht in einen kleinen!« Übersehen wir nicht: Spielsachen, die wir Kindern in die Hand geben, kommen Spielvorschlägen gleich; und je komplizierter diese sind, um so eher machen wir die Kinder von uns abhängig. Auch hiervon ist in dem Folgenden die Rede: wie bei der Beschäftigung mit Gegenständen einfachster Art, die gar nicht als Spielzeug im herkömmlichen Sinne gelten, dem Kind wichtige Phänomene der

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Alltagswelt begreifbar werden - und das ohne unser Zutun und in aller Freiheit! Im Umgang mit Kindern können wir uns jedenfalls auf liebgewordene Gewohnheiten nicht verlassen, und keine »Kleinigkeit« ist so unbedeutend, daß sie nicht unsere Aufmerksamkeit verdiente. Das mag es sein, was Emmi Pikler uns immer wieder hat sagen wollen. Berlin, im Januar 1996 Anke Zinser

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Emmi Pikler schlägt vor, dem Säugling als erstes Spielzeug ein weiches, farbiges Baumwolltuch zu geben: »Möglich, daß er wochenlang sich nicht darum kümmert; aber meistens bemerkt er es bald, ergreift es, zerknüllt es, dreht es hin und her, nimmt es in den Mund. Oft kommt es vor, daß der Säugling es über die Augen zieht, und dann erschrickt er, weil er sich plötzlich im Dunkeln befindet.

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Dénes, 4 1/2 Monate

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Dann - durch die Bewegung der Arme, das erstemal nur durch Zufall - reißt er es von sich herunter. Da ist er glücklich und lacht auf. Dies wiederholt er immer wieder, spielt damit, probiert es aus. Das inspirierte die Erwachsenen, das Kind das ›Guck-Guck-Spiel‹ zu lehren. Wieviel größer ist aber die Freude des Kindes, wenn es selbst darauf kommt!« Zitat aus: Friedliche Babys - zufriedene Mütter

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Einleitung Spielen ist dem Kind ein inneres Bedürfnis. Ein Säugling beobachtet mit unerschöpflichem Interesse seine Umgebung. Er findet Freude daran, Gegenstände zu berühren, zu betasten, zu drücken oder sie aufzuheben und wieder loszulassen. Die Aufzählung dessen, was er alles mit ihnen macht, ließe sich noch lange fortsetzen. Wenn sich das Kleinkind mit mehreren Spielsachen gleichzeitig beschäftigt, kann es scheinbar die Lust daran nicht verlieren, daß ein Ding in das andere hineingeht, daß aus den ineinander geschobenen Bechern ein Turm wird oder es unter seinen verschiedenen Sachen auch solche gleicher Form findet. Von Mal zu Mal stellt es sich schwerere Aufgaben. Immer wieder wirft es einen runden Gegenstand auf den Boden, weil es erreichen möchte, daß er kreiselt, bevor er zur Ruhe kommt. Unermüdlich legt es die ausgekippten Würfel wieder in den Korb zurück oder baut den umgefallenen Turm wieder auf. Ein innerlich ausgeglichenes Kind ist überreich an Einfallen, während das Interesse des bedrückten Kindes eingeengt ist, als wenn seine Sehnsucht danach, etwas auszuprobieren, zu entdecken und zu erkennen, versiegt wäre. Die Unausgeglichenheit vieler Kinder macht sich gerade in ihrem oberflächlich gewordenen Spiel bemerkbar. Die spontane Aktivität eines im Säuglingsheim aufwachsenden Kindes ist gefährdeter als die eines Kindes, das in der Familie lebt. Denn eine ähnlich innige und verläßliche Beziehung, in der sich das Kind so geborgen fühlt, daß es Lust hat, selbständig zu spielen, läßt sich im Heim, zwischen der Pflegerin und ihrem Schützling, nur schwer erreichen. Der Tätigkeitsdrang eines solchen Kindes ist aber auch deshalb gefährdeter, weil es vor dem Verlust einer Pflegerin, eines Spielgefährten oder dem Zusammenlegen zweier Gruppen nicht immer bewahrt werden kann. Veränderungen dieser Art haben Einfluß auf seinen Gemütszustand und damit auch auf sein Spielverhalten. Dabei sind noch nicht die Schwierigkeiten im täglichen Gruppenleben erwähnt: sei es, daß das Kind von den anderen in seinem Spiel gestört wird oder daß es trotz der einprägsamen Reihenfolge von Essen und Baden womöglich nicht imstande ist, jedesmal die Zeit, bis es an die Reihe kommt, auf seine Weise friedlich zu verbringen. Gerade im Hinblick auf die gesunde Persönlichkeitsentwicklung des im Säuglingsheim lebenden Kindes sind selbständige, freie Bewegung und selbständiges, freies Spiel von besonderer Bedeutung. -1 3 -

Unter Kindern, die unfähig sind zu spielen, fühlt sich die Pflegerin ebenfalls nicht wohl; doch wie sehr sie sich auch bemüht, die ständig neuen Wünsche der Kinder wird sie nicht erfüllen können. Häufig erkennt sie die eigentlichen Ursachen der Unzufriedenheit nicht. Ohne sie wirklich zu ergründen, organisiert oder leitet sie das Spiel des sich langweilenden Kindes und versucht, es auf diese Weise zur Tätigkeit zu ermuntern. Diese Versuche sind jedoch von vornherein zum Mißlingen verurteilt. Statt das Kind in seiner Selbständigkeit, in seinem Tun-Wollen zu bestärken, wecken sie in ihm nur die Erwartung, der Erwachsene möge sich mit ihm beschäftigen. Die Unfähigkeit zum selbständigen Spiel verstärkt im Kind unvermeidlich das Gefühl seiner Abhängigkeit vom Erwachsenen. Dagegen verhilft ihm seine eigene Aktivität zu dem Erlebnis, unabhängig handeln zu können. Es entscheidet, womit es spielen möchte, und spürt, daß es von ihm selbst abhängt, ob es weiter experimentiert oder auf einen erneuten Versuch verzichtet und etwas anderes beginnt. Indem das Kind frei ausprobiert, was man alles mit einem Gegenstand anfangen kann, entdeckt es dessen Eigenschaften. Es erfährt, daß die Welt erkennbar ist; auch geht ihm auf, daß es zu diesem Akt des Erkennens fähig ist. Sein eigenes Tun hilft ihm, auf allen Stufen seiner Entwicklung in einer Weise handeln zu lernen, die ihm das Gefühl vermittelt, erfolgreich zu sein. Damit eröffnen sich ihm fast unerschöpfliche Möglichkeiten, im Tätigsein so etwas wie eigene Kompetenz zu erleben. - Das Kind, das sich solche Erfahrungen zu eigen macht, wird selbstsicherer und kann den gelegentlich im Säuglingsheim auftretenden schwierigen Situationen anders begegnen. Es liegt also weitgehend in der Hand des Erwachsenen, ob es gelingt, das ursprüngliche Interesse des Kindes für die Welt, die es umgibt, zu erhalten und fortlaufend die notwendigen Voraussetzungen zur Entfaltung des freien, selbständigen Spiels zu schaffen.

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Typische Formen des Hantierens und geeignete Spielmaterialien im ersten Lebensjahr des Kindes Wann geben wir dem Säugling zum ersten Mal Spielzeug? Im allgemeinen spielen die Säuglinge im Lóczy zunächst auf einem geschützten Platz am Boden, im sogenannten Spielgitter (Näheres dazu s. S. 33), und, wenn sie älter sind, im ganzen Zimmer. Es ist ein spannender Augenblick, wenn der Säugling seine Hand entdeckt und sich später in ihre Beobachtung vertieft. Anfangs sieht er sie zufällig und verliert sie noch leicht aus den Augen. Bald kann er sie schon für längere Zeit im Blick behalten und folgt mit Kopf und Augen ihrer Bewegung. Nach und nach verbindet sich das Erlebnis der Bewegung mit der Erfahrung des Schauens. Allmählich lernt er, die Bewegungen seiner Arme, Hände und Finger unter Kontrolle der Augen zu koordinieren. Ein Säugling, der sich mit seinen Händen beschäftigt, bewegt sie auf ähnliche Weise wie später, wenn er beginnt, mit Gegenständen zu hantieren. So, wie er seine Faust beobachtet, während er seinen Arm beugt oder streckt, wird er nach einiger Zeit die Dinge eingehend betrachten, indem er sie mal näher, mal weiter entfernt vor seine Augen bringt. Im Offnen seiner Hand und in ihrem Schließen zur Faust bereitet sich die Fähigkeit zum Ergreifen, Festhalten und Loslassen der Gegenstände vor; und so, wie er zunächst mit einer Hand die andere berührt und betastet, wird er später den ergriffenen Gegenstand auch mit der anderen Hand berühren und betasten. Das Beobachten der Hände ebenso wie das Spiel mit ihnen geht also zeitlich dem Hantieren voraus und bereitet es vor. Deshalb geben wir dem Säugling erst dann ein Spielzeug, wenn er beginnt, seine Hände regelmäßig anzuschauen, und mit ihnen spielt oder auch sonst zeigt, daß er sich für seine Umgebung interessiert: er sieht sich um, folgt mit seinem Blick der Pflegerin, die an seinem Kinderbett vorbeigeht, betrachtet das Gitter des Bettes, faßt es an, berührt es einige Male, oder ergreift das Band von seinem Schlafsäckchen und hebt es vor die Augen... Etwa im Alter von drei Monaten oder später ist er hierzu fähig. -1 5 -

József M., 1 1/2 Monate Das gern in sein Blickfeld gehängte Spielzeug, wie die von Gitter zu Gitter des Kinderbettes gespannte Schnur mit verschiedenen Rasseln, hindert ihn daran, seine Hände zu entdecken, und lenkt seine Aufmerksamkeit immer wieder von ihnen ab. Zudem braucht der Säugling keine Dinge, die er nur anschauen kann. Falls sie für ihn überhaupt erreichbar sind, berührt er sie höchstens zufällig beim Darüberfuchteln. Das am Gitter befestigte Spielzeug wird ihn später auch kaum zu differenziertem Gebrauch seiner Hände und intensivem Spiel anregen, denn er kann es nicht aufnehmen und bewegen, drehen, baumeln lassen, näher zu sich heranholen oder weiter weghalten. Er kann es nur schlagen und daran herumziehen. Die heutzutage üblich gewordenen Mobiles bedürfen besonderer Erwähnung. Die von der Decke herabhängenden, farbig schimmernden Figuren - bunte Schmetterlinge, Fische und dergleichen - drehen, senken oder heben sich und zeigen immer wieder eine andere Seite; das alles wird durch die Strömung der Luft bewirkt. Wenn der Säugling diese Figuren wahrnimmt, reagiert er

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ganz aufgeregt. Sein Blick wird von diesem sich ständig verändernden Anblick gebannt, und er kann sich schwer davon lösen. Während er spielt, sehen wir ihn selten und dann nur für kurze Zeit so erregt, beispielsweise, wenn er einen neuen, ungewöhnlichen Gegenstand in seiner Umgebung bemerkt. Nachdem er ihn entdeckt hat, strebt er gewöhnlich danach, ihn anzufassen; und wenn ihm dies gelingt, löst sich seine Spannung sichtbar beim aktiven Erkunden der verschiedenen Eigenschaften des neuen Spielzeugs. Das Mobile hingegen erreicht der Säugling nicht, er kann es nicht anfassen, es bewegt sich unabhängig von ihm; und da er die Wirkung eigener Bewegungen daran nicht beobachten kann, ist es ihm nicht möglich, es in seine Erfahrungswelt einzuordnen. Mit dem Mobile kann er aber auch nicht so vertraut werden wie mit den anderen für ihn unerreichbaren Gegenständen im Zimmer, der Deckenlampe, dem Vorhang oder den Bildern. Der Säugling wird auch auf diese Dinge aufmerksam und schaut sie sich manchmal ausdauernd oder wiederholt an, als wolle er sie mit seinem Blick abtasten. Da sie sich aber über geraume Zeit nicht verändern, werden sie für ihn eins mit seiner vertrauten Umgebung. Auch das Mobile wird trotz seiner Bewegung und ständigen Veränderung vermutlich irgendwann zu einem gewohnten Anblick; aber bis das geschieht, zwingt es den Säugling immer wieder zu gespannter Aufmerksamkeit und hält ihn in erhöhter Erregung, ohne daß er dabei echte Erfahrungen sammeln kann. Im Alter von drei bis vier Monaten ziehen Spielsachen, die in die Nähe des Säuglings gelegt werden, seine Aufmerksamkeit auf sich. Er guckt sie sich an, greift nach einem dieser Gegenstände und berührt ihn. Dabei sind seine Bewegungen anfangs unsicher, er kann die Entfernung nicht abschätzen, tastet in der Nähe des ausgewählten Gegenstandes herum; und es kann vorkommen, daß er in seinem Eifer gerade das Teil wegstößt oder von sich schiebt, das er erreichen möchte. Seine Handhaltung paßt sich nicht der Form des Gegenstandes an: Er versucht, jedes Spielzeug auf gleiche Weise mit einer umfassenden Bewegung in die Hand zu bekommen. Findet er in seiner Nähe Gegenstände, die er so aufnehmen kann, wird er immer häufiger danach greifen und immer geschickter dabei werden. Mit etwa fünf Monaten erreichen und ergreifen die meisten Säuglinge das ausgewählte Spielzeug schon mit einer zielgerichteten Bewegung. Sie hantieren damit auf mannigfaltige Weise, betasten es ringsum, drücken es, drehen es, später schütteln sie es und lassen es baumeln. An dem Gegenstand, den sie in der Hand haben, ziehen sie -1 7 -

oder nehmen ihn von einer Hand in die andere. Zwischendurch beobachten sie ihn, während sie ihn mal in der einen, mal in der anderen Hand halten. Wir geben dem Säugling im Alter von drei bis sechs Monaten als erstes Spielzeug ein Baumwolltuch (etwa 35 mal 35 cm groß), dessen Farbe seinen Blick auf sich zieht. Er sieht es lange an, berührt es und greift nach ihm. Wenn er es hält und betastet, fällt es nicht sofort aus seiner Hand, und er braucht es nicht immer wieder aufzuheben. Deshalb kann er sich länger als mit einem anderen Spielzeug damit beschäftigen. Hält er sich das Tüchlein übers Gesicht und betrachtet es, läßt er es gelegentlich auch mal fallen. Da es jedoch kaum Gewicht hat, tut ihm das nicht weh. Und obwohl es anfangs sogar Minuten dauern kann, bis er sich davon befreit, zieht er es schon bald mit Leichtigkeit von seinem Gesicht herunter. Als weiteres Spielzeug geben wir dem Kind in diesem Alter Gegenstände, die es mühelos als ganze oder wenigstens teilweise mit seiner Hand umfassen kann, vielleicht einen Feder- oder Korbball, ein Püppchen oder Tier aus Stoff oder Gummi. Sehen wir, daß der Säugling diese Dinge ohne Schwierigkeit aufnimmt, so legen wir flachere Gegenstände aus Stoff oder Holz in seine Nähe, die nicht so einfach zu ergreifen sind. Im Alter von etwa sechs Monaten können wir ihm auch schon Spielzeug geben, das mehr Gewicht hat. Bei den gebräuchlichen Säuglingsspielsachen, den quietschenden Gummitieren und den üblichen Rasseln, könnte man meinen, sie entsprächen den Kriterien für Spielzeug, das wir Säuglingen im ersten Lebensjahr geben. Dennoch haben sie Nachteile. Wenn der Säugling seine Spielsachen anfaßt und drückt, nimmt er deutlich die zu ertastenden Eigenschaften der Dinge wahr, wie zum Beispiel daß der eine Gegenstand oder ein Teil davon sich leichter zusammendrücken läßt als ein anderer. Da das Kind gleichzeitig die Wirkung seines Tuns beobachtet, erkennt es nach und nach schon beim bloßen Anblick, ob ein Gegenstand hart oder weich ist. Bei den quietschenden Gummitieren hängt der auf Druck ansprechende Ton jedoch nicht von Material und Form, das heißt von den sieht - und tastbaren Eigenschaften ab, sondern davon, daß sie eine unsichtbar eingebaute Pfeife enthalten. Deren gellender Ton kann das Kind erschrecken, wenn es eins dieser Tiere drückt oder sich zufällig darauflegt. Deshalb nehmen wir die Pfeife heraus. Spielt der Säugling mit einer der üblichen Rasseln, bei denen die geräuscherzeugenden Teile auch im Innern verborgen sind, kann er -1 8 -

nicht sehen, wie der Ton zustande kommt. Im Alter von fünf bis sechs Monaten schüttelt er ebenso wie andere Spielsachen auch die Rassel hin und her, läßt sie baumeln und beobachtet die Wirkung seiner Bewegungen. Wenn er jedoch die Rassel an den Mund nimmt, sie aus einer Hand in die andere hinüberlegt, mit seiner freien Hand betastet oder damit klopft, kann er nicht erkennen, welche Bewegungen ein Geräusch hervorrufen und welche nicht. Bei einer Kugelkette oder einer Holzrassel hingegen stoßen deren kugel- oder ringförmige Teile beim Hin- und Herschütteln aneinander, so daß der Säugling gleichzeitig die Bewegung sehen und den erzeugten Ton hören kann. Darum ziehen wir diese den üblichen Rasseln vor und geben ihm auch keine klirrenden Walzen, Würfel oder ähnliches. Etwa zu Beginn des zweiten Halbjahres wird ihm bewußt, daß er durch Klopfen Töne hervorrufen kann. Besonders gern klopft er mit verschiedenen Dingen wiederholt auf den Boden, an einen anderen Gegenstand oder ans Spielgitter. Im ersten Halbjahr läßt sich schwer entscheiden, ob ihm bereits klar ist, daß er selbst das entstehende Geräusch hervorruft, wenn er die Kugelkette oder die Holzrassel pendeln läßt oder schüttelt. Im zweiten Halbjahr sieht man jedoch an seinem Verhalten und seinem Gesichtsausdruck unmißverständlich, daß er den Zusammenhang entdeckt hat. Während er schüttelt, schaut er die Rassel an, und wenn er sie nicht bewegt, achtet er auf die Stille. Dann guckt er wieder die Rassel an und beginnt, sie erneut zu schütteln. Er freut sich über das Geräusch, lächelt und lacht. Später, wenn der Säugling in jeder Hand einen Gegenstand hält, beobachtet er beide, während er sie zusammenführt, und beginnt ihre Unterschiede wahrzunehmen. Bald findet er heraus, daß auch beim Zusammenstoßen der Gegenstände Geräusche entstehen. Schon im ersten Halbjahr achten wir darauf, daß der Säugling Spielzeug aus verschiedenartigen Materialien zur Verfügung hat, weil er zu unterschiedlichen Eindrücken und Erfahrungen kommt, wenn er ein Spielzeug aus Stoff, Holz oder Plastik wiederholt anfaßt und betastet. Auch wenn er entdeckt, daß sich mit Gegenständen Töne hervorbringen lassen, sollten seine Spielsachen aus unterschiedlichem Material sein. Eine kleine metallene Schüssel gibt einen anderen Ton, als wenn er mit einem Holzring wiederholt auf den Boden schlägt; auch ändert sich das Geräusch, je nachdem, ob er mit den Dingen auf den Boden oder etwa gegen einen Korb klopft. Dabei

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erprobt er, wie er die verschieden geformten Gegenstände halten muß, damit sie am besten klingen. Beim aufmerksamen Beobachten des Säuglings nehmen wir sowohl wahr, wie ihn neue Dinge im Spielgitter sofort interessieren, als auch, daß er sich über lange Zeit, sogar monat elang, gern mit demselben Spielzeug beschäftigt. Durch das wiederholte Spielen mit den gleichen Gegenständen entdeckt er nach und nach immer mehr Einzelheiten an ihnen. Während er das Spielzeug mal mehr aus der Nähe, mal aus größerem Abstand betrachtet und es von oben, von der Seite oder von vorne ansieht, lernt er allmählich, daß der jeweilige Gegenstand auch dann derselbe ist, wenn er gerade nur einen Teil prüft oder wenn er ihn aus unterschiedlichen Entfernungen und verschiedenen Blickwinkeln anschaut. Auf immer wieder andere Weise hantiert er mit ein und demselben Spielzeug und sucht herauszufinden, was man alles damit anfangen kann.

Piroska, 5 Monate

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Krisztina, 7 Monate

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Dabei handhabt er den Gegenstand zunehmend geschickter und sammelt Erfahrungen, wie sich dieser am leichtesten greifen und mit dem geringsten Krafteinsatz aufheben läßt. Beschäftigt sich der Säugling mit einem neuen Gegenstand, so sehen wir, wie er anfangs die bewährten Formen der Handhabung ausprobiert. Entdeckt er, daß sich der neue Gegenstand nicht so verhält wie der alte, regt ihn das an, seine gewohnten Bewegungen zu ändern; zudem erkundet er neue Möglichkeiten, die das Spielzeug bietet. Während des zweiten Halbjahres nimmt der Säugling verschieden geformte Gegenstände immer geschickter, immer sicherer auf. Beobachten wir, wie er nach dem Spielzeug greift, so werden wir bald bemerken, daß er, noch bevor er es berührt, seine Hand und seine Finger so richtet, wie es am zweckmäßigsten ist, um den jeweiligen Gegenstand aufzunehmen. Er greift anders nach dem Würfel als nach einer Rassel. Den ersten umfaßt er mit seinen Fingern, um ihn aufzuheben, die letztere ergreift er am Stiel. Den Säugling, der verschiedene Spielsachen immer wieder aufhebt und fallen läßt, interessiert auch die Art und Weise, wie diese Gegenstände fallen und welche Geräusche er damit hervorrufen kann. Außerdem lernt er, wie sich unterschiedlich schwere Gegenstände von verschiedener Form und Oberfläche mit jeweils anderer Handhaltung am leichtesten aufnehmen lassen. Später freut er sich daran, ein Spielzeug wegzuwerfen, dann, nach ihm kriechend, es wieder zu erlangen, oder er legt kleine Spielsachen aus dem Spielgitter heraus, um sie wieder zurückzuholen. Damit er mit den Spielen »Fallen lassen und Aufheben« oder »Verlieren und Wiedererlangen« Erfahrungen sammeln kann, braucht der Säugling sowohl die früheren als auch neue Spielsachen, unter anderem einen Ball und einen Kegel. Wir sollten ihm den Ball jedoch nur dann ins Spielgitter legen, wenn er schon in der Lage ist, ihn kriechend oder krabbelnd zu erreichen. Während er so mit den Dingen umgeht, können wir beobachten, wie seine Fingerbewegungen immer differenzierter werden. Er berührt die Gegenstände mit den Fingern, betastet und streichelt sie, auch entdeckt er Risse oder Vorsprünge, all das, was die homogene Oberfläche belebt; kratzt daran, steckt einzelne Finger in Lücken oder Löcher und nutzt im übrigen jede Gelegenheit, seine Finger zu gebrauchen:

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József W., 6 Monate Mit Daumen und Zeigefinger pickt er Krümel vom Boden auf; aus seinem Hausschuh oder etwas anderem zieht er einen Faden heraus und beschäftigt sich damit über längere Zeit. - Das Kind braucht, um solche Formen des Hantierens immer wieder ausprobieren zu können, Spielzeug mit abwechslungsreichen Oberflächen. (Winzige Gegenstände, die die Kinder verschlucken oder in Nase und Ohren stecken könnten, sollte man nicht ins Spielgitter legen.) Sobald der Säugling Spielsachen unterschiedlichster Form mit Leichtigkeit aufheben kann, beginnt er zu experimentieren und möchte erkunden, was sich mit ihnen machen läßt, ohne sie jedesmal in die Hand zu nehmen. Er schiebt sie herum, wirft sie um und stellt sie wieder auf. Dabei erwirbt er neue Erfahrungen: Die schlanken, großen Gegenstände fallen leichter um als die kompakteren. Manche, die er umgestoßen hat, bleiben auf der Stelle liegen, andere rollen weiter... oder er erlebt vielleicht, wie sich das Rad eines umgestoßenen Wagens weiterdreht, obwohl er es nicht mehr berührt. Das alles ist -2 3 -

geradezu spannend für das Kind, und es versucht mit Ausdauer, wieder hervorzurufen, was ihm einmal gelungen ist. Daher sorgen wir für kleinere und größere, fester stehende und leichter umzukippende, höhere und niedrigere Schüsseln, Becher, Körbe, Dosen und Eimer. Zu dieser Zeit macht sich das Kind schon gern mit größeren Dingen zu schaffen. Diese geben wir ihm jedoch nur dann, wenn im Spielgitter kein anderes Kind dadurch gefährdet wird. Im vierten Vierteljahr hantiert es immer häufiger mit zwei Gegenständen. Wie schon erwähnt, hält der Säugling dabei anfangs in jeder Hand ein Spielzeug und bringt dann beide miteinander in Verbindung oder schlägt sie wiederholt zusammen. Dazu wählt er gerne Spielsachen gleicher Form, etwa zwei Würfel oder zwei kleinere Bälle.

Krisztina, 6 Monate

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Emilia, 10 Monate Einen weiteren Schritt auf diesem Wege bedeutet es, wenn der Säugling eine kleinere Hohlform in eine größere hineinlegt oder hineinfallen läßt, sie wieder herausnimmt und abermals hineinlegt. Danach, noch im vierten Vierteljahr, beginnt er auch mit mehreren Gegenständen zu hantieren. Er legt immer mehr Dinge in dieselbe Schüssel oder in denselben Eimer, nimmt sie einzeln heraus oder kippt sie alle auf einmal aus, dann sucht er wieder Sachen, die er einander zuordnen kann. Das Ergebnis dieser Versuche ist, daß er immer sicherer abzuschätzen vermag, was wo hineinen könnte. Er weiß nun, daß ein kleinerer Ball in einen kleinen Eimer, ein größerer nur in eine große Schüssel hineingeht. Wir haben bereits einiges aufgezählt, das zum Hantieren mit zwei oder mehreren Gegenständen anregt. Die kleinen Dinge eignen sich sowohl für das Spiel »Fallen lassen« als auch dafür, sie in irgend etwas hineinzulegen. Man kann die verschiedenen Körbe, Schüsseln und Eimer nicht nur gut bewegen und herumschieben, sondern gleichzeitig sind sie auch ideal, kleines Spielzeug aufzunehmen. Bei der Auswahl dieser Gegenstände denken wir schon an das Verhalten, das sich im Hantieren des etwa ein jährigen Kindes andeutet. Deshalb -2 5 -

legen wir Wert darauf, das Kind mit Spielzeug zu umgeben, das sich ebensogut zum Sammeln eignet wie auch dazu, die Anfangsformen des Bauens zu entdecken.

Wieviel Spielzeug wir dem Säugling anbieten und auf welche Weise Im Alter von drei bis sechs Monaten, solange der Säugling ausschließlich auf dem Rücken liegt, kann er an seine ersten drei oder vier Spielsachen, die wir ihm zugedacht haben, nur herankommen, wenn sie in Reichweite seiner Hände liegen, das heißt nah genug, daß sie für ihn erreichbar sind, aber auch wieder nicht so nah, daß er dagegen stößt, wenn er nur die Arme bewegt, ohne nach etwas greifen zu wollen. Da es anfangs oft vorkommt, daß er das Spielzeug mit seinen unsicheren, tastenden Bewegungen von sich schiebt, sollte es der Erwachsene von Zeit zu Zeit in seine Nähe zurücklegen. Es ist auch wichtig, daß die Pflegerin weiß, welches Kind womit am häufigsten spielt: Welchem Tüchlein oder welcher Holzrassel widmet -2 6 -

es seit Tagen oder Wochen seine besondere Aufmerksamkeit? Diese Dinge wird sie so lange neben den Säugling legen, bis sie beobachtet, daß er kaum noch mit ihnen spielt, sondern sich für etwas anderes zu interessieren beginnt. Legt eins der Kinder beispielsweise irgendwann etwas in einen Korb, sollte sie überlegen, ob genügend brauchbare Behältnisse vorhanden sind. Wenn sie sieht, daß es mit den Dingen auf eine Weise hantiert, für deren wiederholtes Ausprobieren etwas anderes geeigneter erscheint, wird sie dies in seine Nähe legen: Schlägt eins der Kinder von Zeit zu Zeit mit einem Gegenstand immer wieder auf den Boden, so wird sie ihm etwas geben, womit es gut klopfen kann. Solange die Säuglinge noch nicht fähig sind, sich umzudrehen und selbständig ihren Platz zu wechseln, ist es besonders wichtig, auf die neuen Formen ihres Hantierens zu achten, um ihnen entsprechendes Spielzeug hinlegen zu können. Wie schon erwähnt, tragt es zur Entwicklung der manuellen Fähigkeiten nichts bei, die Spielsachen des Säuglings ans Gitter zu binden. Wenn er es erreicht, schlägt er höchstens immer wieder dagegen oder zieht daran. Er kann es weder aufnehmen noch in seiner Hand halten, um es von allen Seiten zu untersuchen. Etwa mit einem halben Jahr beschäftigt sich ein Säugling schon auf vielfältige Weise, so daß er neben den ersten vertrauten Dingen einige neue Spielsachen braucht. Wenn in einem großen Spielgitter oder Zimmer die Kinder weit voneinander entfernt liegen, geben wir jedem Kind ungefähr sechs bis acht Gegenstände. (Falls sich nur ein oder zwei Kinder in einem Spielgitter befinden, braucht man eventuell, wenn die ausreichende Vielfalt gegeben sein soll, mehr Spielsachen pro Kind.) Bei einem kleineren Spielplatz können es weniger sein, da die Säuglinge, sobald sie sich auf die Seite oder auf den Bauch drehen und sich strecken, nicht nur das eigene Spielzeug, sondern auch das der anderen Kinder leichter erreichen können. Daher brauchen die Kinder auch im zweiten Halbjahr, wenn sie immer abwechslungsreicher spielen, nicht wesentlich mehr Spielzeug als bisher. Für gewöhnlich können sie in diesem Alter rollend, kriechend oder krabbelnd den Gegenstand gut erreichen, der ihnen gerade gefällt, selbst wenn er sich in der anderen Ecke des Zimmers befindet. Es ist also nicht mehr nötig, die Dinge in die unmittelbare Nähe des Kindes zu legen oder sie gleichmäßig im Spielgitter zu verteilen. Diese Art der Anordnung stört den Säugling sogar, da er ständig gegen etwas stößt, während er sich fortbewegt. Stattdessen legen wir -2 7 -

das Spielzeug in verschiedene Ecken des Zimmers oder vor eine freie Wand. - Es ist sinnvoll, die Sachen, mit denen die Kinder über längere Zeit täglich spielen, stets an denselben Platz zu legen oder in Körben und Schüsseln anzubieten. Natürlich wird diese Ordnung nicht lange vorhalten. Im Spiel nehmen die Kinder die Dinge von einem Ort zum anderen mit und lassen eines hier, eines dort liegen. Vor allem, wenn sie etwa vom vierten Vierteljahr an bereits mit mehreren Gegenständen hantieren und viele kleinere dazu benötigen, ist oft der ganze Fußboden davon bedeckt. Die Erfahrung zeigt, daß sie in dem entstandenen Durcheinander weniger gut spielen können. Dem wird die Pflegerin vorbeugen, indem sie gelegentlich die liegengelassenen Spielsachen aus dem Weg nimmt und neben einen Korb oder eine Schüssel kleine Dinge legt, die sich zum Hineintun und Herausnehmen eignen. Dabei kann sie häufig beobachten, daß die Kinder fast unmittelbar darauf wieder zu spielen beginnen. In Kenntnis dessen, was die Kinder interessiert, mag sie den Fortgang des begonnenen Spiels dadurch unterstützen, daß sie die Spielzeugauswahl durch einige Dinge ergänzt, die voraussichtlich benötigt werden. Wenn die Pflegerin sieht, daß irgendein Kind, obwohl es noch nicht müde ist, nicht mehr spielt, hilft sie ihm, das zu finden, womit es sich gerne beschäftigen würde. Ein Kind von etwa einem Jahr versteht bereits die Namen von zunehmend mehr Gegenständen, daher kann sie ihm sagen, wo sie sein Lieblingsspielzeug gerade sieht, oder sie legt es einfach in seine Nähe. Es bedarf sorgfältiger Beobachtung, um richtig einzuschätzen, wieviel und welches Spielmaterial in der jeweiligen Gruppe benötigt wird, damit jedes Kind seinem Interesse und seiner Entwicklungsstufe gemäß das auswählen kann, was ihm gerade zusagt. Falls mehrere Kinder mit einem bestimmten Gegenstand gleichzeitig spielen möchten, brauchen sie eine entsprechende Anzahl davon. Andererseits soll ein Zuviel an Spielsachen die Bewegungsfreiheit der Kinder auch nicht einschränken. - Aus dem oben Beschriebenen ergibt sich, daß die Pflegerin nicht befürchten muß, der Säugling könne seiner Spielsachen überdrüssig werden und sie müsse, um dem vorzubeugen, ihm täglich mit neuen Dingen kommen. Im Gegenteil, bei einem zu häufigen Wechsel kann das Spiel des Kindes leicht oberflächlich werden.

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Krisztina, 10 1/2 Monate

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István, 9 Monate

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Neben der Erweiterung der Spielzeugauswahl ist es eine ebenso wichtige Aufgabe, die Dinge, mit denen die Kinder schon lange nicht mehr spielen, einzusammeln. Sowohl beim Aufnehmen neuen Spielzeugs als auch beim Wegstellen dessen, womit sie nicht mehr spielen, ist es nötig, das Interesse der Kinder vor Augen zu haben. Wenn die Pflegerin die Dinge, mit denen kein Kind mehr spielt, aus dem Spielgitter herausnimmt, sollten neue Gegenstände an deren Stelle treten.

Angela, 10 Monate

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Einige Bemerkungen zum Spielgitter und seiner Beschaffenheit Eine der Voraussetzungen, welche die Entfaltung des selbständigen Spiels ermöglichen, ist das Spielgitter. (Wir legen im allgemeinen den Kindern kein Spielzeug ins Bett. Das Bett dient zur Ruhe, zum Schlafen. Im Spielgitter gibt es mehr Platz, sich zu bewegen und zu spielen. Dem Säugling, der gerne mit einem Tuch oder sonst etwas Weichem einschläft, legen wir dieses aber immer ins Bett. Ist er krank, braucht er selbstverständlich dort auch einige Spielsachen, da er den ganzen Tag im Bett verbringt. Man gibt ihm Dinge, mit denen er sich gern beschäftigt und womit er dort auch spielen kann. Wenn der Säugling schläfrig wird oder schon eingeschlafen ist, nehmen wir jene Spielsachen heraus, die ihn beim Schlafen stören könnten.)

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Ein noch in Rücken-, Seiten- oder Bauchlage spielender Säugling wird, wenn es nötig ist, durch ein Gitter, das ihn ringsherum umgibt, neben anderem auch vor den schon krabbelnden Kindern der Gruppe - oder denen, die bereits stehen können - geschützt und kann sich daher ungestört und mit Hingabe dem Erkunden seiner Spielsachen widmen. Wir sorgen auch mit einem raumteilenden Gitter dafür, daß die Säuglinge im Kriech- und Krabbelalter sich in ihr Spiel vertiefen können und nicht von anderthalb- bis zweijährigen, schon laufenden Kindern - falls sich solche in der Gruppe befinden - überrannt und gestört werden. Wenn das Badezimmer oder der Platz für die Mahlzeiten durch ein Gitter vom Spielraum getrennt ist, kann sich auch die Pflegerin dem jeweiligen Kind, das sie wickelt oder füttert, aufmerksamer widmen (und dennoch die übrigen Kinder im Auge behalten, weil diese sie nicht unmittelbar bedrängen). Die Kinder wiederum können ihre Pflegerin jederzeit sehen. Befinden sich mehrere Kinder einer Gruppe zusammen in einem Spielgitter, rechnen wir pro Kind mit einem Platzbedarf von mindestens einem Quadratmeter, so daß ihm in Wirklichkeit mehr Bewegungsraum zur Verfügung steht. Für Säuglinge, die sich schon umdrehen können und rollend und kriechend ihre Umgebung erforschen, ist das Spielgitter nicht mehr geräumig genug, besonders dann, wenn es mehreren Kindern als Spielplatz dient.

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Ilona, 8 1/2 Monate; Roni, 7 Monate

Da ist es die beste Lösung, die Kinder in einem abgegrenzten Teil des Zimmers auf dem Fußboden spielen zu lassen. So kann man ihnen mehr Raum zur Verfügung stellen und den Spielplatz auf die Flächen unter den Betten ausdehnen. -3 4 -

Der Boden des Spielgitters besteht aus einer um etwa 5 cm erhöhten Holzplatte, deren Härte eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der selbständigen Bewegungen des Kindes spielt. Bei einem unnachgiebigen Spielgitterboden bekommt der Säugling, während er sich noch liegend, also nah am Boden bewegt und Erfahrungen mit der Anziehungskraft der Erde sammelt, die Festigkeit dieser Unterlage sofort und eindeutig zu spüren: Bis hierhin und nicht weiter! Diese Eindeutigkeit bringt ihn dazu, sich von klein auf im Fallen zu schützen oder sich so umsichtig zu bewegen, daß er gar nicht erst fällt. Andererseits weist der Widerstand eines unnachgiebigen Bodens den Weg nach oben; er unterstützt das Kind bei seinen wiederholten Aufrichtungsversuchen und verleiht ihm in jedem Augenblick die dazu notwendige Spannkraft. Schaumstoff als Unterlage im Spielgitter ist unserer Ansicht nach ungeeignet. Der Säugling sinkt ein, was ihm größere Bewegungen erschwert und seine Erfahrungen hinsichtlich der Realität verfälscht. Die nachgiebige Unterlage begünstigt auch nicht die Entwicklung des Hantierens; die Gegenstände verhalten sich darauf völlig anders als auf einer harten.

Erssi, 9 Monate -3 5 -

Wenn der Säugling wiederholt mit seinen Sachen auf den Schaumstoff schlägt, verändert oder verschluckt dieser den entstehenden Ton; Gegenstände aus Metall verlieren ihren Klang, ihre Töne werden dem Ton ähnlich, der durch das Geklopfe mit solchen aus Plastik oder Holz entsteht. Runde Gegenstände rollen nur schwerfällig; sie bleiben in der nächsten Vertiefung oder Mulde liegen, die sich unweigerlich dort bildet, wo sich drei bis vier größere Säuglinge befinden. Auf dem Schaumstoff ist es zudem schwieriger, das Spielzeug aufzustellen, und wenn es dennoch einmal gelingt, genügt es, daß sich irgendein Kind umdreht oder auf den Boden klopft, und schon ist der Gegenstand umgefallen. Auch wer keinen Schaumstoff verwendet, ist im allgemeinen versucht, auf den Boden des Spielgitters oder auf den abgegrenzten Spielplatz mehrere Decken oder einen dicken Teppich zu legen, weil er befürchtet, daß sich der Säugling ohne Isolierschicht erkältet. Diese Unterlagen geben zwar nicht in dem Maße nach wie der Schaumstoff, aber da sie nicht ohne weiteres glatt liegenbleiben, erschweren sie die Fortbewegung des Säuglings, der sich auch wegen der stärkeren Reibung nur mit größerem Kraftaufwand bewegen kann. - Auf einem dicken Teppich oder einer Decke verhalten sich die Gegenstände ähnlich wie auf dem Schaumstoff. Auch diese Unterlagen -3 6 -

verschlucken den Ton, auch auf ihnen fallen die Spielsachen leicht um. Wenn wirklich Gefahr besteht, daß sich die Kinder auf dem Fußboden erkälten, ziehen wir sie wärmer an. Eine wärmere Strampelhose und Strickjacke hindern die Bewegung des Säuglings nicht, doch schützen sie ihn vor Erkältungen. Im Lóczy verwenden wir gelegentlich wegen der mangelhaften Qualität des Holzbodens eine Spielgitterdecke aus Baumwolle, die jedoch ringsum fest verspannt sein muß.

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Das Sammeln Über längere Zeit gehört das Sammeln zum Spielrepertoire des Kindes und entwickelt sich in zahlreichen unterschiedlichen Varianten. Das Verhalten des sammelnden Kindes zeigt aber einige Eigentümlichkeiten, die sowohl für den »Anfänger« als auch für den »Geübten« charakteristisch sind: Das Kind wählt aus, und zwar unabhängig davon, ob es wenige oder viele, gleiche oder verschiedene Dinge sammelt oder ob es sich dabei um Spielsachen, Gebrauchsgegenstände oder Naturmaterialien handelt; es wählt Gegenstände, die ihm aus irgendeinem Grund gerade wichtig sind, und legt sie zusammen auf einen bestimmten Platz oder in ein Gefäß.

Entwicklung des Sammelns Etwa im Alter von einem Jahr, zu der Zeit also, da das Kleinkind mit mehreren Gegenständen hantiert, beginnt es auch zu sammeln. Während sich das Kind mit den Dingen seiner Umgebung auf vielfältige Art und Weise beschäftigt, wird es darauf aufmerksam, daß sich unter seinen Sachen auch solche gleicher Form befinden. Ab und zu legt es, wenn auch anfangs nur selten, einige Kugelketten oder Becher nebeneinander, dann - als wenn die Wahl zufällig gewesen wäre - setzt es sein Spiel auf die gewohnte Weise fort. Bald aber sucht und sammelt es absichtlich Gegenstände gleicher Form: Es bemerkt unter den Spielsachen auf dem Fußboden solche, die denen gleichen, die es gerade in einen Korb gelegt hat, und greift nach ihnen. Nachdem es drei bis vier davon beisammen hat, legt es noch etwas anderes dazu oder beginnt mit einer neuen Tätigkeit. Zu dieser Zeit sammelt es im allgemeinen gleichartige Dinge, wie Kegel, kleine Bälle oder die verschiedenen Teile eines Bauspiels, ohne die Unterschiede von Farbe oder Größe der einzelnen Elemente zu beachten. Damit es ein weiteres, ähnliches Spielzeug finden kann, muß dies in sein Blickfeld geraten. Durch die Entdeckung eines völlig anderen Gegenstandes wird jedoch seine Aufmerksamkeit von dem ausgewählten Spielzeug oder der begonnenen Tätigkeit leicht abgelenkt. Das etwa anderthalbjährige Kind sucht und sammelt immer häufiger und immer ausdauernder Dinge gleicher Art.

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Zsusza, 15 Monate

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Solche, deren Eigenschaften ihm schon von früher vertraut sind, erkennt es, ohne sie lange einzeln zu prüfen. In Windeseile legt es sie in ein leeres Gefäß. Auch wenn die Entdeckung eines neuen Spielzeugs oder ein anderes Ereignis sein Interesse vorübergehend auf sich zieht, nimmt es häufig das begonnene Sammeln wieder auf: was nicht nur beweist, daß es sich an bestimmte Dinge und Handlungen erinnert, sondern auch, daß seine Erinnerung in gewissen Fällen schon die Wahl seiner Tätigkeit beeinflußt. Während sich das Kind verschiedene Dinge aussucht und hierhin oder dorthin legt, entdeckt es unter anderem, daß die Elemente eines Bauspiels auf unterschiedliche Weise geordnet werden können; es legt sie zu kleineren Gruppen zusammen, einmal nach der Form, ein andermal nach der Farbe. Manchmal berücksichtigt es gleichzeitig zwei Gesichtspunkte bei seiner Auswahl, zum Beispiel Form und Farbe. Anfangs ist das Kind beim Sammeln in erster Linie auf das Auswählen und Vergleichen der Gegenstände, also auf seine Tätigkeit konzentriert und beschäftigt sich weniger mit dem Ergebnis, der Menge der zusammengetragenen Gegenstände. Nach einiger Zeit wird ihm jedoch das Resultat wichtiger; offenbar strebt es danach, viel zu sammeln. Es sucht ausdauernd nach immer neuen Dingen, füllt damit jeweils einen Eimer oder eine Schüssel bis zum Rand und will noch weitere dazulegen, auch wenn schon nichts mehr hineingeht. Man kann beobachten, wie es sich bemüht, jedes auffindbare Stück einer bestimmten Art seiner Sammlung einzuverleiben; so hört es beispielsweise nicht mit Suchen auf, bis es ihm gelungen ist, alle Becher oder alle farbigen Tücher zu finden, als läge in der Vollständigkeit ein besonderer Wert. Später versucht das Kind, die gefundenen Gegenstände zusammenzuhalten und aufzubewahren. Es läßt einen mit Würfeln gefüllten Eimer oder einen Haufen farbiger Tücher nicht aus den Augen, auch wenn es eventuell nicht mehr mit ihnen spielt. Es protestiert, sobald sich ein anderes Kind etwas davon nehmen will, oder nimmt es manchmal sogar übel, wenn ein Spielgefährte etwas dazulegen möchte. Häufig versucht es, das, was es gesammelt hat, in Sicherheit zu bringen, sei es, daß es die Sachen auf sein Bett legt oder sie der Pflegerin anvertraut. Wenn eins der Kinder bestimmte Gegenstände gesammelt hat, sagen wir, alle Besen oder Sandschaufeln, und die Pflegerin es bittet, einige davon an andere Kinder abzugeben, kann es sein, daß es nun auf alles verzichtet.

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Nach dem zweiten Lebensjahr ist das Sammeln immer seltener selbständiges Spiel. Das Kind wählt und sammelt Gegenstände, mit denen es später bauen wird, oder solche, die es zum Rollenspiel benötigt. Doch das reine Sammeln können wir auch noch beim zweibis dreijährigen Kind beobachten, meistens dann, wenn es neues Spielzeug kennenlernt, wie Perlen oder Bausteine.

Bedeutung des Sammelns Das sammelnde Kind entdeckt, während es unter vielen Gegenständen herumsucht und auswählt, daß es verschiedenartige gibt, und zieht deren Besonderheiten in Betracht. Wenn es die Dinge vergleicht, erkennt es die ihnen gemeinsamen und ihre voneinander abweichenden Eigenschaften, und beim Zusammenlegen achtet es darauf, sie nach übereinstimmenden Merkmalen zu gruppieren. Berücksichtigen, vergleichen, gewisse Eigenschaften herausstellen, andere außer acht lassen, aufgrund bestimmter Merkmale Gruppen bilden, all das sind nicht zuletzt gedankliche Vorgänge, die - mit Wahrnehmung und Aktion noch eng verbunden - wieder und wieder beim sammelnden Kind auftauchen. Das Ergebnis des Sammelns, etwa ein Korb mit farbigen Tüchern oder Bauklötzen, die das Kind aus den verschiedenen Ecken des Zimmers zusammengesucht hat - solch ein Anblick erfüllt es sichtlich mit Zufriedenheit und der Freude: Das habe ich geschafft! So ermöglicht dieses Spiel, ebenso wie andere Spiele, die Erfahrung eigenständigen Handelns und das Erlebnis, selbst etwas hervorbringen zu können. Ein Kind, das versucht, die gesammelten Gegenstände zu bewahren oder sich anzueignen, macht dabei Erfahrungen im Umgang mit Begriffen wie »mein« und »dein« oder »unser« und lernt die Verhaltensweisen kennen, die damit verbunden sind. Während das Sammeln als selbständiges Spiel seine Bedeutung verliert, lebt es als Wunsch zu sammeln und später als Bedürfnis, etwas aufzubewahren, im Kind weiter. Dieses Bedürfnis äußert sich darin, daß es beim Spaziergang Stöckchen und Kieselsteine sucht und überglücklich ist, wenn es seine Schätze in einer Schachtel oder Schublade unterbringen kann.

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Geeignetes Spielmaterial zum Sammeln Zum Sammeln eignet sich alles, was reichlich vorhanden ist. Neben Spielsachen aus dem Säuglingsalter verlockt auch vieles, was Natur und Haushalt bieten, denken wir nur an die Kastanien- und Tannenzapfensammlung größerer Kinder oder an leere Schachteln und Dosen, von denen sich ein Kind nicht trennen mag. Auch kleine Kinder brauchen größere Behältnisse, um das Gesammelte darin unterzubringen; ältere Kinder können dazu neben anderem Schuhkartons, Tüten und Stoffbeutel benutzen. Nur Plastiktüten sind gänzlich unangebracht, weil sie eine Erstickungsgefahr darstellen. - Bei einem reichen Angebot verschiedenartiger Gefäße kann das Kind nicht nur auswählen, in welche davon es eben jetzt seine Spielsachen legen will, sondern es entdeckt unter anderem auch, daß eine große Schüssel nicht voll wird, wenn es den Inhalt einer kleineren hineinschüttet, oder umgekehrt, daß herausfällt, was zuviel ist; denn die Dinge aus einem großen Korb können viele kleinere Körbe füllen. Da wir bei einem anderthalbjährigen Kind schon damit rechnen können, daß es regelrecht zu bauen beginnt, lohnt es sich, dafür geeignetes Spielzeug bereitzuhalten. Diesen Zweck erfüllt ein großer Baukasten mit Holzbausteinen, der aber ohne Aufsicht gefährlich ist. Für die meisten Kinder fängt mit dem Sammeln und Aufstellen der kleineren oder größeren Klötzchen, Brettchen und anderer Teile bereits das Bauen an, daher darf ein solcher Kasten unter ihren Spielsachen nicht fehlen.

Einige Gedanken zur Lösung gelegentlich auftauchender Konflikte Auch wenn das Spielzeug der Kinder ausreicht und ihrem Interesse gemäß ist, kommt es beim Spielen, besonders beim Sammeln, hin und wieder vor, daß sie sich untereinander etwas wegnehmen. Meistens begnügt sich eins von den Kindern mit dem, was es stattdessen findet. Dennoch kann es sein, daß ihm der ausgewählte Gegenstand schon so liebgeworden ist, daß es ein Wegnehmen als Beleidigung erlebt, oder ihn nicht zu bekommen als Mißerfolg. Manchmal ist einem der Kinder auch ein bestimmtes Spielzeug nicht so wichtig, so daß es dieses seinem Spielgefährten bereitwillig überläßt. -4 2 -

Dennoch kommt es immer wieder vor, daß die Kinder nicht übereinstimmen, aneinandergeraten und sich streiten. Solche Situationen sind nicht leicht für die Pflegerin. Während sie eindeutig die Regel vermitteln muß, daß das gemeinsame Spielzeug immer dem Kind gehört, das gerade damit spielt, und sie deshalb möchte, daß es den weggenommenen Gegenstand zurückbekommt, sollte sie das andere Kind dennoch fühlen lassen, daß sie es versteht. Es ist nicht leichter, auf etwas Gewünschtes zu verzichten, als etwas, das man besessen hat, zu verlieren. Das kann die Pflegerin dadurch zum Ausdruck bringen, daß sie dem Kind sagt, wo sich der begehrte Gegenstand außerdem noch befindet, oder indem sie verspricht, daß sie, sobald sie kann, ihm dabei hilft, danach zu suchen. Falls ihre Worte wirkungslos sind und sie einen Augenblick Zeit hat, zu diesem Kind zu gehen, kann sie ihm das Gewünschte zeigen oder bringen. Es kann aber auch vorkommen, daß alles nichts hilft: Keins der Kinder gibt nach, und schließlich weint eins von ihnen oder beide. Da braucht nicht nur das Kind, dem etwas weggenommen wurde, ein gutes Wort, Trost und Verständnis für die erfahrene Kränkung, sondern auch das Kind, das zwar unter Einsatz seiner ganzen Kraft, aber vergeblich versuchte, ein bestimmtes Spielzeug zu bekommen. Man muß ihm sagen, daß es, so gern es auch damit gespielt hätte, dieses doch nicht seinem Spielgefährten aus der Hand nehmen durfte. Die Pflegerin nimmt es auch nicht dem anderen Kind einfach weg, weil die Regel lautet, daß niemand mit Gewalt zu dem kommen soll, was er haben möchte. Natürlich braucht sie dies nicht wörtlich zu sagen. Aber wenn ihr Verhalten und ihre Worte diese Regel ausdrücken, kann sie darauf vertrauen, daß die Kinder, zwar oft nur schweren Herzens, früher oder später fähig werden, sich an diese Regel zu halten. Im wesentlichen gilt das Gesagte auch für die Situation, in der ein Konflikt um die gesammelten Spielsachen entsteht. Dies bedarf besonderer Erwähnung, weil viele Erwachsene die Empörung eines Kindes für gerechtfertigt halten, die es äußert, wenn ihm ein einzelnes Spielzeug weggenommen wird. Sie halten seinen Protest aber für unbegründet, wenn es ein Stück seiner gesammelten Spielsachen verteidigt. Im ersten Fall nimmt der Erwachsene das Kind in Schutz und hilft ihm, daß es das Spielzeug behalten kann; im zweiten redet er ihm zu, sich die Sachen mit den anderen zu teilen, ohne zu verstehen, daß letzteres für das Kind ebenso schwer ist.

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Wenn zwei Kinder sich streiten, ist die Aufforderung: »Nun spielt mal schön zusammen!«, die man manchmal hört, zwar gut gemeint, aber wirkungslos. Gelegentlich kann man tatsächlich beobachten, daß zwei Kinder abwechselnd Spielsachen in denselben Korb legen und beide Freude daran haben; das tun sie dann aber von sich aus und nicht auf Bitten eines Erwachsenen. Selbstverständlich kann ein Kind seinen Spielgefährten um eines von den Dingen bitten, die dieser gesammelt hat, oder die Pflegerin tut es in seinem Namen. Sie kann den Kindern auch raten, zu tauschen oder eine andere, für beide annehmbare Lösung zu finden. Wenn aber das Kind, das um seine Spielsachen besorgt ist, von dem Gesammelten nichts hergeben will, sollten wir dies respektieren, jedoch auch dem anderen Kind helfen, die Situation zu verstehen und anzunehmen. Falls es möglich ist, das Vorhandene durch einige Stücke zu ergänzen, weil die Menge der zum Sammeln benötigten Sachen gut geschätzt wurde, lassen sich solche Situationen friedlich lösen. Schwieriger ist es, eine für alle Kinder gleichermaßen befriedigende Lösung zu finden, wenn ein Kind nicht nur viel sammeln, sondern womöglich alle vorhandenen Eimer oder kleinen Besen haben will. Da hilft es nichts, von dem entsprechenden Spielzeug mehr zu besorgen; diese Situation ist eben nicht ganz einfach. Was kann man in einem solchen Falle tun? Nun, wenn ein anderes Kind von den gesammelten Körben einen haben möchte, um etwas hineinzulegen, können wir ihm stattdessen eine Schüssel geben: nimmt es sie an, geht es für beide Kinder gut aus. Die Situation ist anders, wenn sich die Kinder wegen eines Spielzeugs in die Haare geraten, das für jedes Kind der Gruppe nur einmal vorhanden ist, das sammelnde Kind aber um jeden Preis verhindern will, daß andere Kinder auch eines davon abbekommen. In diesem Fall müssen wir dem Kind begreiflich machen, daß es mit allen Eimern, allen Besen oder großen Puppen nur spielen kann, wenn kein anderes Kind sie im Augenblick braucht. Es ist natürlich nicht leicht, zu erreichen, daß das Kind auch nur auf eins dieser Dinge verzichtet. Aber wenn wir ruhig und ernst mit ihm darüber sprechen und es ihm überlassen, zu bestimmen, wann es welches Spielzeug abzugeben bereit ist, wenn wir abwarten, bis es sich dazu entschließt, können wir zuversichtlich sein, daß es später - etwa im Alter von drei Jahren - fähig sein wird, dies auch ohne unsere Vermittlung zu tun.

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Wie die Erfahrung zeigt, nehmen Kinder in Gruppen, in denen sie eigenes Spielzeug besitzen, über das sie frei verfügen können, es wesentlich leichter hin, daß sie mit den gemeinsamen Spielsachen nicht so schalten und walten können wie mit ihren eigenen.

Katalin, 22 Monate; Zsolt, 23 Monate

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Beobachtung einer Spielsituation Livia - 18 Monate alt - nimmt einen von zwei Plastikbechern in die Hand. Der eine ist klein und grün, der andere doppelt so groß und rot. Den kleinen grünen Becher steckt sie mit Leichtigkeit in den roten, nimmt ihn wieder heraus, legt ihn mit der Öffnung nach unten auf den Fußboden und deckt den roten Becher darüber. Dann hebt sie den roten Becher wieder auf, legt diesen mit der Öffnung nach unten auf den Boden und setzt den kleinen grünen Becher oben darauf. Sie hebt beide auf, steckt den kleineren in den größeren Becher, aber diesmal mit der Öffnung nach unten. Als nächstes nimmt sie beide Becher und legt sie nebeneinander. Livi a ruht sich ein wenig aus, legt sich auf den Rücken und schaut umher. Danach setzt sie sich auf, nimmt beide Becher in die Hand, wirft sie nacheinander durch das Gitter und holt sie zurück. Den kleinen grünen Becher steckt sie unter den roten, beugt sich dann tief hinunter und beobachtet, während sie diesen langsam anhebt, wie der grüne Becher wieder sichtbar wird. Nun deckt sie ihn abermals mit dem roten Becher ab, wiederholt diesen Vorgang ganz genau und läßt so den kleinen grünen Becher achtmal verschwinden und wieder auftauchen. Sie ruht sich von neuem aus, wobei sie aber den grünen Becher in der Hand behält. Dann hebt sie den roten auf, legt beide Becher erst aufeinander, dann ineinander und schüttelt sie, wobei der kleine herausfällt. Dreimal hebt sie ihn auf und schüttelt ihn wieder heraus. Danach sucht sie sich einen weiteren kleinen Becher, legt alle ineinander und schüttelt solange, bis die kleineren zu Boden fallen. Auch diesen Vorgang wiederholt sie mehrfach. Livias Spiel dauerte fünf Minuten. Ihr Gesichtsausdruck verriet während der ganzen Zeit freudiges Interesse.

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Peter, 10 Monate

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Die Anfänge des Bauens und das dafür geeignete Spielmaterial Etwa im Alter von einem Jahr beginnt das Kind auf eine Weise mit mehreren Gegenständen zu hantieren, in der sich bereits das künftige Bauen ankündigt. Diese Tätigkeiten: etwas auf einen Gegenstand »drauftun« (Ungarisch rátenni: drauftun, nicht einfach setzen, stellen, legen, sondern auf (etwas) setzen, stellen, legen), etwas aufstellen, das Anordnen in Reihen oder Gruppen und das Ineinander- und Übereinanderschieben von Dingen, sind selbst dann noch für das Spiel des Kindes charakteristisch, wenn es schon wirklich baut. Etwas auf einen Gegenstand »drauftun«: Der Säugling entdeckt früher oder später, daß ein Gegenstand, wenn er ihn losläßt, auf einem anderen einfach liegenbleibt. Dieser Vorgang, nur scheinbar einfach, wird vom Kind auf vielfältige Weise variiert, denn es muß erkunden, welche Unterlage sich dafür eignet. So bleiben auf einer flachen Kiste mit glatter Oberfläche kleine wie größere Gegenstände verhältnismäßig leicht liegen. Die Situation ist anders, wenn das Kind dieselben Dinge auf ein Polster stellen will. Die weichere, unebene Fläche erschwert ihm sein Vorhaben erheblich. Ebenso erfordert es größere Geschicklichkeit, etwas auf das Schutzgitter der Heizung zu stellen. Die Aufgabe ändert sich je nach Form, Umfang und Gewicht, die das Spielzeug hat, welches das Kind irgendwo »drauftun« möchte. Es ist schwieriger, einen runden Gegenstand auf irgendeine Fläche zu legen oder zu setzen, als einen, der eine ebene Standfläche hat. Die Kinder sind findig im Ausprobieren verschiedener Möglichkeiten: mit welcher Bewegung sie ein Tuch oder einen Becher auf den Rand des Spielgitters bringen können oder von welchem Punkt am Rande der Kiste die dort hingelegte Kugel gerade noch nicht herunterrollt. Durch unzählige erfolglose wie erfolgreiche Versuche lernen sie, mit einer geschickten Handbewegung einen Gegenstand mühelos auf einen anderen zu setzen (»draufzutun«).

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Andrea, 10 Monate -4 9 -

Tibi, 16 Monate

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Zu dem eben beschriebenen Spiel gehört auch das Herabnehmen eines Gegenstandes. Das ist eine ebenfalls nicht ganz leichte Aufgabe für die Kinder. Sie probieren unzählige Möglichkeiten aus, wie man zum Beispiel eine auf einer umgedrehten Schüssel stehende Plastikflasche von dort herunterbekommt, vom vorsichtigen Herunternehmen bis zu ihrem Hinunterstoßen oder Herabfegen. Ebenso reizvoll kann es für das Kind sein, verschiedenartige Dinge auf ein und derselben Fläche gegeneinander auszutauschen. Immer wieder bietet sich ihm ein anderer Anblick, je nachdem, ob es ein Tuch, eine Kugel oder ein Sieb auf den Korbdeckel legt. Die Flächen, welche die Kinder bei diesem Spiel als Untergrund brauchen, wie Kiste, umgedrehte Schüssel oder Regal, sind als Spielsachen oder Einrichtungsgegenstände ohnehin für ihre tägliche Aktivität nötig. Wiederholtes Aufstellen: Das etwa einjährige Kind, das unter seinem Spielzeug Kegel, Plastikflaschen, Becher, Dosen oder Spulen findet, entdeckt früher oder später, daß sich ein hoher, schlanker Gegenstand aufrichten läßt. Während es das immer wieder probiert, lernt es, wie es ihn ergreifen und hinstellen muß, damit er auf seiner verhältnismäßig kleinen Standfläche aufrecht stehen bleibt. Das Gelingen dieser Bemühungen hängt von vielem ab, denn sie werden sowohl von Form und Größe, Material und Gewicht des Gegenstandes als auch von der Position des Kindes beeinflußt. Während das Kind die Gegenstände immer wieder aufstellt, genießt es ebenso wie bei zahlreichen anderen Spielen die Wiederholung seiner Tätigkeit. Es stößt die dastehende Dose um oder herab und beobachtet, was da geschieht: Rollt sie weg? Gibt sie einen Ton? Wo kommt sie an, und wie? Dann fängt es das Ganze wieder von vorne an. Anfangs genügen zu diesem Spiel von den erwähnten Gegenständen zwei bis drei verschiedene. Wenn sich mehrere Kinder einer Gruppe auf diese Weise betätigen wollen, braucht man von jeder Art entsprechend mehr. Das Ordnen in Reihen und Gruppen: Kinder annähernd gleichen Alters wenden ihre Aufmerksamkeit durchaus unterschiedlichen Spielen zu. Dabei ist immer wieder zu beobachten, wie das Kind die Dinge in Reihen oder Gruppen anordnet. Anfangs legt es zwei bis drei Gegenstände absichtslos nebeneinander, dann mehr und mehr davon, wobei eine Ordnung entsteht, die immer weniger zufällig ist. Es stellt die Gegenstände nahe zusammen oder legt einen neben den anderen. Auf solche Weise ordnet es unterschiedliche, aber auch -5 1 -

gleiche Dinge, besonders gern dann, wenn sie sich in ihren Farben unterscheiden. Um sich ungestört betätigen zu können, brauchen die Kinder für dieses Spiel besonders viel Platz und von verschiedenartigen Gegenständen jeweils mehrere Exemplare. Wenn die Pflegerin die Sachen, mit denen nicht mehr gespielt wird, von Zeit zu Zeit, ohne die Kinder zu stören, geordnet an ihren ursprünglichen Platz zurücklegt, heißt das nicht, daß sie den Kindern zeigen möchte, was sie von ihnen erwartet. Wir überlassen es den Kindern, so, wie sie wollen, damit zu spielen, sei es, daß sie die Dinge in eine Schüssel legen, sie wiederholt aufstellen oder im Rollenspiel verwenden. Im Umgang mit konisch zulaufenden Bechern und Sandeimern oder anderen Hohlformen gleicher Größe entdeckt das Kind eine weitere Möglichkeit, mit mehreren Gegenständen zu hantieren. Indem es einige davon ineinander- oder übereinanderschiebt, beginnt es, Türme zu bauen. Die Öffnungen der einzelnen Gegenstände zeigen dabei nach unten oder oben. Falls diese sich farblich unterscheiden, kann es sie immer wieder anders zusammenfügen: Derselbe Becher ist mal unten, mal oben und mal in der Mitte. Manchmal steckt das Kind die auf dem Boden liegenden Becher auch horizontal ineinander. Einem Erfolg beim Zusammenschieben gehen in der Regel vielerlei Versuche voraus, etwa mit unterschiedlich geformten Gegenständen und auch mit solchen verschiedener Größe. Dabei lernt das Kind einiges Grundsätzliche über Form und Volumen wie über Unterschiede oder Gleichartigkeit dieser Dinge. Aufgrund seiner Erfahrungen mit Gegenständen, die sich zusammenfügen oder nicht zusammenfügen lassen, ist es in der Lage, schon beim ersten Anblick die auszuwählen, mit denen es sich erfolgreich betätigen kann. Das Kind schiebt immer mehr Elemente zusammen. Anfangs genießt es offenbar, wie bereits erwähnt, allein schon die Tätigkeit als solche, seine sich wiederholenden Bewegungen. Es fügt zahlreiche Stücke ineinander, dann zerlegt es den Bau und steckt seine Teile erneut zusammen. Nach einer Weile wird ihm aber bereits das Ergebnis seines Tuns wichtig, es betrachtet sein Werk mit Vergnügen und nimmt es nicht sofort wieder auseinander

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Gyöngyi, 9 1/2 Monate In diesem Alter erwarten die Kinder im allgemeinen noch nicht, daß wir ihre »Werke« aufheben. Dafür würde das vorhandene Spielzeug auch nicht ausreichen. Sobald sich das Kind einer anderen Betätigung zuwendet, ist ihm meistens nicht einmal mehr bewußt, wieviele Becher es vorher ineinandergeschoben hatte; und so kann ein anderes Kind sie sich nehmen. Oft gibt das Kind die zusammengesteckten Becher oder Eimer auch von sich aus an einen Spielgefährten weiter. Da bei diesem Spiel, selbst wenn die Kinder genügend geeignete Gefäße dazu haben, diese immer wieder »verschwinden«, weil sie alle ineinandergeschoben wurden, liegt es nahe, daß die Pflegerin die nicht gebrauchten Serien gelegentlich wieder auseinandernimmt. Dehnt ein Kind, in seine Tätigkeit vertieft, diese derartig aus, daß sich dadurch ein anderes Kind gestört fühlt, wird wiederum das beschützende Verhalten der Pflegerin wichtig. Angenommen, für jedes Kind ist eine Schüssel mit Bechern vorhanden und eins der Kinder möchte mit mehr als nur seinen »eigenen« spielen, kann die Pflegerin ihm sagen, daß es später, sobald einer der Spielgefährten sich mit etwas anderem beschäftigt, auch mit dessen »Eigentum« spielen darf. Noch besser ist es, sie kann dem »störenden« Kind ähnliche Spielsachen zeigen, die außer Gebrauch sind.

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Ferenc, 20 Monate -5 4 -

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Die bekannten Serien hohler Würfel, Becher oder Schüsseln, von denen ein Teil immer kleiner ist als der andere, möchten wir gesondert erwähnen. Die Kinder spielen auch damit gerne; sie legen ein Element auf oder in das andere oder schieben mehrere davon ineinander. Sie sind aber nicht nur in diesem Alter, sondern noch lange nicht dazu fähig, die Teile der Größe nach richtig zusammenzufügen. Denn das ist für das Kind eine wesentlich schwierigere Aufgabe, als gleichgroße (konische) Elemente ineinanderzuschieben. Die Anfangsformen des Bauens: etwas auf einen Gegenstand »drauf-tun«, wiederholtes Aufstellen, Ordnen in Gruppen und Reihen und Ineinander- oder Übereinanderschieben, beobachten wir natürlich nur dann beim Spiel des Kindes, wenn es in seiner Umgebung die dazu nötigen Gegenstände findet. Es ist ganz verschieden, welche Variante das Kind zuerst entdeckt und wie die Entdeckungen aufeinander folgen. Auch gibt es individuelle Unterschiede, welches Kind dieses oder jenes Spiel besonders gern hat und häufiger wiederholt. Diese Art der Betätigung ist etwa bis zum dritten Lebensjahr charakteristisch. Aber auch das ältere, reifere Kind kehrt zeitweise zu vertrauten Spielformen zurück oder bezieht sie in sein weiter entwickeltes Spiel mit ein: stellt Kegel in eine Reihe und teilt nach einer Weile mit: »Das ist ein Zaun.« Die Pflegerin, welche die verschiedenartigen Äußerungen des kindlichen Spieltriebs und deren Entwicklung sorgfältig beobachtet und unterstützt, wird rechtzeitig bemerken, wann sie die Bedingungen zum Bauen schaffen sollte.

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»In der letzten Zeit mehren sich Äußerungen dahingehend, daß es sich entwicklungshemmend auswirken würde, ein Kleinkind ›zu viel‹ im Spiel sich selbst zu überlassen. Wir glauben dagegen, daß das freie, selbständige Spiel ohne helfende Anleitung seitens der Betreuer - in der Familie ohne die Gegenwart der Bezugsperson - eine wichtige Grundlage der Entwicklung bildet. Wir möchten es die ›Hochschule der Säuglinge und Kleinkinder‹ nennen. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die äußeren Möglichkeiten dazu fortlaufend geschaffen werden und wenn das Kind auch ohne Beteiligung des Erwachsenen aktiv und tätig ist. Dazu ist aber nur ein Kind fähig, das eine gute Beziehung zur Betreuungsperson hat und sich auch dann sicher fühlt, wenn es, während es spielt, den Erwachsenen nicht sieht. Es ist eine große Aufgabe, in den Krippen die Möglichkeit zum freien Spiel und die Ruhe zu dieser Art freien Spiels innerhalb einer Kindergruppe zu organisieren. Wir finden es der Mühe wert!« Emmi Pikler Aus: Laßt mir Zeit

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Janós, 24 Monate -5 9 -

Anmerkungen der Herausgeberinnen Zu den Altersangaben im Text Die manchmal beträchtlichen Altersunterschiede der Kinder, die Emmi Pikler bei der großmotorischen Entwicklung beobachtet hat, kommen in der Entwicklung der Feinmotorik nicht in dem Maße vor. An der Art und Weise also, wie ein Kind spielt, läßt sich sein wahres Alter eher erkennen als daran, in welchen Lagen und Positionen es sich aufhält oder wie es sich fortbewegt. (Auf diese Tatsache verweisen Anna Tardos und Myriam David in ihrem Aufsatz »Vom Wert der freien Aktivität des Säuglings beim Erarbeiten seines Selbst«, erschienen in der französischen Zeitschrift Devenir (Vol. 3,1991, Nr. 4).)

Zum Spielgitter in der Familie In einer Familie sollte man das übliche Spielgitter von 1,20 in mal 1,20 in für ein einzelnes Kind nur bis zu dem Zeitpunkt verwenden, an dem es zu rollen oder auf dem Bauch zu kriechen beginnt. Von da an braucht das Kind mehr Raum; sonst hat es weder Platz noch Veranlassung, sich fortzubewegen, weil sich alle Spielsachen in seiner Reichweite befinden. Damit der Säugling sich in sein Spiel vertiefen kann, ist es jedoch auch dann noch sinnvoll, dem Kind einen Teil des Zimmers mit einem Gitter abzugrenzen (falls möglich, 2 mal 2 in oder 2 mal 3 m), um es eventuell vor älteren Geschwistern, die mit ihm gern noch wie mit einer Puppe spielen, zu bewahren. Umgekehrt schützt eine Trennung der Bereiche die größeren Kinder vor den Übergriffen des Säuglings auf ihre Bauwerke oder andere Kostbarkeiten. Das Spielgitter kann auch zum sicheren Spielplatz der älteren Geschwister werden, die schon heraussteigen können, während das Jüngste außen herumkrabbelt und spielt. Darüberhinaus erlaubt ein ausreichend großes Spielgitter nicht nur freie Bewegung, sondern bietet dem Säugling neben realem Schutz auch innere Geborgenheit: eine Welt, in der er sich zu Hause fühlt. (Über die Bedeutung des umgrenzten Raumes bei der sozialen Einordnung des Kindes - damit zum Beispiel Verbote entbehrlich werden - spricht Emmi Pikler ausführlich in dem Kapitel Übergang vom Säuglingsalter in das Kleinkindalter, in Friedliche Babys zufriedene Mütter.)

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Edit, 15 Monate Der Holzfußboden im Spielgitter oder im Kinderzimmer entspricht Emmi Piklers Leitsatz für den Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern: Vor großen Gefahren schützen - kleine Gefahren kennenlernen lassen! »Wir tanzen auch lieber auf Parkett als auf Matratzen«, bemerkte sie einmal, als es um die Voraussetzungen der Beweglichkeit ging.

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Für jüngere Säuglinge erscheint uns der Holzboden des Spielgitters freundlicher, wenn er mit einem auswechselbaren Baumwolltuch bespannt ist. Es verhindert, daß sie mit bekleideten Füßen bei ihren Bewegungsund Fortbewegungsversuchen auf dem glatten Holz ausrutschen. Im Sommer dagegen - in unbekleidetem Zustand können sie sich so leichter bewegen, falls ihre Haut feucht ist. Andererseits ist es gut, wenn der Säugling, noch bevor er zu krabbeln beginnt, die Härte und Glätte des Holzbodens kennenlernt; auch ist dieser leichter sauberzuhalten. Wenn man den Säugling, sobald man ihm zum ersten Mal Spielzeug anbietet, also etwa im Alter von drei bis vier Monaten (vgl. Seite 18), ins Spielgitter legt und später dem kriechenden und krabbelnden Kind einen gesicherten Teil des Zimmers zur Verfügung stellt, wächst der Spielraum des Kindes mit seinen sich entwickelnden Fähigkeiten, und das Gitter ist ihm von Anfang an ein gewohnter Anblick. Die Assoziation »Gitter gleich Gefängnis« kennt das Kind nicht, damit hat nur der Erwachsene Probleme. Hingegen kommt der Aufenthalt in einer Babywippe - auch wenn der Säugling darin immer in der Nähe der Mutter ist und sehen kann, was sie tut - nicht nur durch die Bewegungseinschränkung tatsächlich einem Gefängnis gleich. Da sich das Kind heruntergefallenes Spielzeug nicht selbst wiederholen kann, verhindert dieser Platz geradezu sein selbständiges, freies Spiel und macht es vom Erwachsenen abhängig. Legen wir aber den Säugling, solange er sich noch nicht dreht und rollt, etwa auf eine Decke mitten ins Zimmer, kann es sein, daß dieser unbegrenzte große Raum ihn eher verwirrt oder lahmt und er sich zumindest nicht so geborgen und heimisch fühlt wie wir »in unseren vier Wänden«, die wir ja einer Bahnhofshalle entschieden vorziehen. Auch in einem Cafe oder Restaurant fühlt sich der Erwachsene in einer abgeteilten Nische wohler als mitten im Saal. Emmi Pikler erwähnte einmal, daß sich Säuglinge in der oben beschriebenen Situation weniger bewegen und spielen als in einem umgrenzten Bereich.

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Borbála, 13 Monate; Katalin, 13 Monate. 36 Eine einfache Regenrinne, außen an einem Spielgitter angebracht, das auf der Terrasse oder im Garten steht, ermöglicht Kle inkindern, Wasser gefahrlos zu erkunden. -6 3 -

Zum Aufräumen Eine Situation, die auch in der Familie zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern führen kann, ergibt sich oft beim Aufräumen der Spielsachen. Es hat sich bewährt, wenn im Spielbereich nicht mehr Dinge vorhanden sind, als der Erwachsene selbst täglich gerne wieder ordnet. Sobald das Kind es versteht, kann ein Zuviel auch gemeinsam vermieden werden: »Was ist dir wichtig, und was räumen wir für eine Weile auf den Speicher?« wäre eine Frage, welche die Eigeninitiative des Kindes respektiert. Im Winter einige andere Spielsachen als im Sommer - sonntags oder für Ferientage etwas Besonderes, was es nur an diesen Tagen gibt - ist ebenso sinnvoll, wie für Krankheitszeiten geeignetes Spielmaterial in Reserve zu haben. Auch beim Aufräumen sollten wir von Kindern nichts verlangen, wozu sie noch nicht reif sind. Was Pflichten sind, versteht ein Kind erst im Schulalter. Beherzigen wir bei seiner sozialen Entwicklung den Grundsatz Emmi Piklers: »Selbständigkeit aus Freude« und nicht als Aufgabe oder Pflicht, so ist unsere Einstellung von vornherein eine andere und befreit von dem Druck: »Du mußt noch...« und »Erst wenn..., dann«. Beginnen wir ganz selbstverständlich mit dem Aufräumen und erwarten nichts vom Kind, sondern freuen uns über sein Mitwirken, so kann es beim Ordnen der Spielsachen die Befriedigung und Freude gemeinsamen Tuns erleben. Das Kind, das im Vorschulalter nicht gedrängt wurde, nach jedem Spiel allein aufzuräumen, wird sich später um so leichter dazu bereit finden.

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Literaturhinweise Marian Reismann, Anna Tardos, Beziehungen, Schriftenreihe der Pikler Gesellschaft, Berlin, 1991 Maria Vincze, Schritte zum selbständigen Essen, Schriftenreihe der Pikler Gesellschaft, Berlin, 1992 Emmi Pikler, Friedliche Babys - zufriedene Mütter, Herder Verlag, Freiburg, 1994 Emmi Pikler, Laßt mir Zeit, Pflaum Verlag, München, 1992 Emmi Pikler u.a.. Miteinander vertraut werden, Arbor Verlag, Freiamt, 1994 Éva Kálló, Wie wir den Kindern von ihrer persönlichen Geschichte erzählen, Cramer-Klett & Zeitler-Verlag, München, 1994 Myriam David, Geneviève Appell, Lóczy, mütterliche Betreuung ohne Mutter, Cramer-Klett & Zeitler-Verlag, München, 1995 Filme aus dem Emmi Pikler Institut Active Live It's a pleasure to move It's a pleasure to bath Me, too Taking a walk More than just play Alone - independently Verleih: IWF, Nonnenstieg 72, 37975 Göttingen (Tel.: 0551-50240) Videos aus dem Emmi Piklerinstitut Anna Tardos und Geneviève Appell: A baby's attention at play, 1990 Anna Tardos und Geneviève Appell: Playing attention to each other - infant and adult during the bath, 1992 Anna Tardos und Agnès Szanto: Se mouvoir en liberté, 1995 -6 5 -